Führungskompetenz der Zukunft

Führungskraft als Coach der Mitarbeiter:

Derzeit sehen sich Unternehmen etlichen Herausforderungen gegenübergestellt. Der Druck, der durch Technologisierung und Disruptionen entsteht, bringt Unternehmen dazu, neue, unbeschrittene Wege zu gehen. Die Abwendung vom konventionellen Verständnis der Wertschöpfung ist in vielerlei Hinsicht ultima ratio, um sich einen Platz in der sich ständig wandelnden und dynamischen Wirtschaft der heutigen Zeit zu ergattern. Ungehemmter Innovationsgeist, Agilität und Risikobereitschaft genauso wie Anpassungsfähigkeit an unvorhergesehene Umstände zeugen heute von professionellem Marktverständnis und überlebenswichtigen Kompetenzen.

Der Fach- und Führungskräftemangel ist auch im hohen Maße für die angespannte Situation verantwortlich. Prognosen zeigen, dass bis 2030 rund zwei Millionen Fachkräfte in der deutschen Wirtschaft fehlen werden. Eine solch prekäre Situation erlebte die Bundesrepublik Deutschland seit Jahrzehnten nicht mehr. Den niedrigsten Wert der Arbeitslosenquote erreichte das frühere Bundesgebiet in den sechziger Jahren mit 0,7 %. Seither stieg die Quote stark an und erreichte 2005 seinen höchsten Wert mit 11 % (früheres Bundesgebiet). Ab 2005 lässt sich ein klarer und stetiger Abwärtstrend verzeichnen mit kleinen Schwankungen. Der heutige Wert von 5,3 % ist der niedrigste seit den achtziger Jahren. Ein wesentlicher Grund dafür ist, neben zahlreichen neuen Unternehmensgründungen und den neu entstehenden Berufsbildern, die durch den technologischen Wandel getrieben werden, mitunter und vor allem der demografische Wandel.

Digital Natives auf dem Arbeitsmarkt: Änderung des Wertesystems

Die populationsstärkste Generation der Babyboomer verabschiedet sich – wer folgt, sind die neuen Generationen der digital Natives. Diese verschieben in Organisationen das Kräfteverhältnis und alteingesessene, tradierte Strukturen sowie Wertesysteme. Die jungen talentierten Generationen spüren in Angesicht der Arbeitsmarktlage wenig Druck sich Arbeitgebern unterzuordnen und stellen hohe Ansprüche an Unternehmen und Führungskräfte. Ihre Präsenz im Unternehmen wird dringend gebraucht, weswegen Organisationen zunehmend bereit sind, sich ihren Bedürfnissen anzupassen. Eine globale Umfrage von Citrix mit dem Namen „Work 2023 – The Born Digital Effekt“ stellte fest, dass die Profitabilität der Unternehmen eines Landes um 0,9 % steige mit nur einem Prozentpunkt höheren Anteil an Digital Natives. Und schaffen Unternehmen es, einige dieser talentierten Arbeitskräfte zu rekrutieren, ist es weiterhin ein kompliziertes Unterfangen, diese langfristig an Organisationen zu binden. Denn wenn es um ihre Ansprüche hinsichtlich Work-Life-Balance, Sinnhaftigkeit und Unternehmenskultur geht, haben sie klare und fordernde Vorstellungen. Der Studie nach würden 28 % der befragten digital Natives eine Organisation verlassen, wenn sie sich nicht mit der Unternehmenskultur identifizieren könnten. Ebenso sind Purpose und Autonomie beim Arbeiten wichtige Gründe für ihre Arbeitgeberwahl.

Das moderne Führungskonzept: Arbeitskräfte erfinden Führung neu

Seit der Zeit der Industrialisierung haben sich Arbeitsbedingungen und Anforderungen stark verändert. Die Rolle der Arbeitskraft wandelte sich vom Fließbandarbeiter zu einer immer anspruchsvolleren. Heute sind vor allem qualifizierte Querdenker gefragter den je, um den disruptiven Anforderungen gerecht zu werden. Die Vierte Industrielle Revolution erfindet derzeit die Rolle der Arbeitskraft komplett neu und fordert Denkvermögen und Kreativität. Und wandelt sich die Arbeitskraft, so wandelt sich auch die Rolle der Führung:

Anzufangen ist mit der Great-Man-Theorie, als man in der Führungsforschung statuiert hatte, dass diese Fähigkeiten nur genetisch veranlagten Führungspersönlichkeiten vorbehalten waren. Dieses Denken hielt sich bis in die 1930er Jahre. Auch der Forscher Max Weber differenzierte Führungstypen basierend auf der Annahme, dass diese ihr Verhalten in die Wiege gelegt bekommen haben. Nach seinem Verständnis existierten drei Führungstypen: Autokrat, Charismatiker und Bürokrat.

Ab den 1930ern stand das Führungsverhalten stattdessen im Mittelpunkt der Forschung. Mit Kurt Lewin und seinen lowa Studien begann dann erstmals die Unterteilung in Führungsstile, welche in der Lage waren, einen bestimmten Situationsausgang herbeizuführen. Darunter fallen Autoritärer, Demokratischer und Laissez-Faire-Stil. Mit der Entwicklung von Managerial Grid durch Blake und Mouton in den 1960er Jahren balancierten Führungskräfte ihr Führungsverhalten zwischen Aufgabenorientierung und Mitarbeiterorientierung. Im Anschluss daran fand die situative Führungstheorie in den 1970er Jahren Einzug in die Führungsforschung. Dieser Führungsstil zentriert besonders Mitarbeiter im Fokus des Führungsverhaltens und unterscheidet diese je nach Ausprägung der Motivation und Kompetenz. Die transaktionale Führung nach Locke und Latham 1990 führte ein Belohnungssystem für Mitarbeiter ein, abhängig vom Engagement und der Zielerreichung. Aus dieser wurde später die transformationale Führung von James McGregor geboren, mit welcher die Bedürfnisse der Mitarbeiter und die Förderung dieser speziell in den Vordergrund gerückt sind. Hier ist verstärkt die Rolle der Führung, als Vorbild zu beobachten, durch die Mitarbeiter in ihrer intrinsischen Motivation bekräftigt werden sollen. Dieser Stil legt Wert auf die humanistische Sicht auf Mitarbeiter und verzichtet deswegen auf Kontrollzwang und Autorität. Mit der agilen Führung letztendlich wandelt sich die Führungskraft zum Coach, der Potenzial entfaltet, Freiräume bietet und damit Teams zu Höchstleistungen anspornt.

Die Führungskraft der Zukunft: Coaching als Mitarbeiterführung

Die Anforderungen an die Führungskräfte der Zukunft tendieren klar zum eben erwähnten Modell des Coaches, Trainers oder Motivators. Die Vermittlung von speziellen Methoden oder Selbstkompetenzen, und gleichzeitig das regelmäßige Anerkennen von Feedback zu Verhaltensweisen und Wirkung im Arbeitsalltag kennzeichnen diese neue Führungsrolle. In dieser Rolle verkörpern Führungskräfte nämlich nur die Begleitung der Mitarbeiter bei der Zielerreichung und bieten dabei zielorientierte Reflexion mit hoher Problemlösungsinitiative. Doch der Begriff des Coaches könnte eventuell in Konflikt mit dem Führungsbegriff geraten. Ist es doch Aufgabe einer Führungskraft trotz allen Wandels Unternehmensziele zu erreichen und Aufgabe eines Coaches den zu Coachenden und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen. Deswegen sind für Coaches als Vorgesetzte bestimmte Charakteristika nach Haberleitner/Deistler/Ungvari von entscheidender Bedeutung:

• Es soll als Instrument der Personalentwicklung der Mitarbeiter am Arbeitsplatz dienen.
• Es soll die Entwicklung der Person in Bezug auf den Arbeitsplatz hinsichtlich der Aufgabenreife als auch hinsichtlich der psychologischen Reife vollzogen werden.
• Es soll eine langfristige Verbesserung der Arbeitsresultate herbeiführen.
• Es basiert auf einer vertraulichen und partnerschaftlichen Beziehung zwischen dem Mitarbeiter und dem Vorgesetzten.
• Es funktioniert unter dem Motto „Fordern und Fördern“ anstatt „Liebsein und Verwöhnen“.
• Es fördert die „Hilfe zur Selbsthilfe“ bei Mitarbeitern durch die Stärkung der Lösungskompetenz der Mitarbeiter.
• Es verlangt soziale Kompetenz, Selbstkompetenz, Kenntnisse über effiziente Führung eines Coachinggesprächs sowie Aufgabenkompetenzen von der Führungskraft.
• Es soll den Mitarbeiter in eine gestaltende Rolle bringen, der ein wachsendes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten erfährt und diese zielgerecht einbringt.

Der Entwicklungsprozess ist beendet, wenn das gemeinsame Ziel der Mitarbeiter und des Vorgesetzten beendet ist. Dabei kann das Coaching nicht erzwungen werden, denn die Verantwortung über die Coachingangebote trägt der Mitarbeiter selbst. Jedoch liegen auch die Konsequenzen bei Ablehnung dieser Angebote in der Verantwortung der Mitarbeiter.

Der Paradigmenwechsel zeichnet sich dadurch aus, dass nun nicht mehr die Unternehmensspitzen mit Kreativität, Ideenreichtum und Lösungen brillieren, sondern vielmehr genau diese Fähigkeiten in den Mitarbeiter hervorgerufen werden sollen. Dadurch, dass der Wettbewerb so hart und unberechenbar geworden ist, werden alle Köpfe gebraucht, um dem Druck durch Globalisierung, Expansion, kürzeren Produktzyklen als auch den steigenden Kundenansprüchen standzuhalten. Nur durch vollste Entfaltung des eigenen Potenzials und geteilte Verantwortung lassen sich diese unsagbaren Herausforderungen mit entsprechenden Motivationen, Qualifikationen und erteilter Erlaubnis bewältigen – kurz gesagt: mit Herz und Kopf.

Was zeichnet einen guten Coach aus?

Wollen Führungskräfte als gute Coaches begeistern und ihre Mitarbeiter zu herausragenden Leistungen motivieren, müssen sie sich ihres neuen Rollenverständnisses bewusst werden. Einen Coach zeichnen bestimmte Eigenschaften aus, die nicht unbedingt in Führungskompetenzen enthalten sind und andersrum. Die wichtigsten Merkmale fassen wir hier auf einen Blick zusammen:

• sind kontakt- und bewegungsfähig
• öffnen Sichtweisen und multiplizieren Perspektiven und Lösungsansätze
• offene und respektvolle Kommunikation
• sind neugierig und kreativ
• arbeiten an sich selbst
• sind mutig und risikobereit

Wenn es um die Kompetenzfelder geht, lassen sich für Coaches 8 nach Fachliteratur verschiedene Bereiche einteilen:

• Feld- & Fachkompetenz
• Rollenkompetenz
• Management- & Leitungskompetenz
• Ethik- & Humankompetenz
• Selbstreflexionskompetenz
• Prozess-, Ablauforganisationskompetenz
• Vernetzungskompetenz
• Soziale- & Interaktionskompetenz

Eine Grundvoraussetzung für ein gelungenes Coaching ist, dass der Coach bereiterklärt einen zeitintensiven Entwicklungsprozess mit seinem Mitarbeiter eingeht. Dazu müssen Coaches von der Annahme ausgehen, dass Mitarbeiter offen sind für diese Entwicklung und veränderungsfähig. Des Weiteren müssen sie sich im Klaren sein, dass diese Veränderung von ihrer eigenen Motivation angetrieben wird. Außerdem sollten Coaches Bewusstsein über ihre eigenen Stärken und Schwächen besitzen. Einen besonders hohen Stellenwert erhält die Diskretion im Coaching, denn alle behandelten Aufgaben zwischen Coach und Mitarbeiter dürfen dieses Verhältnis auch nicht verlassen. Dies ist unablässig für die Sicherung des Vertrauensverhältnisses. Und noch viel wichtiger als die Diskretion ist die Befähigung der Mitarbeiter. Dies beinhaltet nicht nur, dass Mitarbeiter zu Aufgabenübernahme motiviert werden, sondern auch, dass die Führungskräfte als Coaches sich in diese nicht einmischen – durch eine passiv anmutende Rolle.

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Von Dirk Aaron Bohl

Personalberater für Lebensmittelindustrie, Getränkeindustrie, FMCG, Lebensmitteleinzelhandel und Foodservice

Dirk Aaron Bohl ist Managing Partner der DELTACON Münster Executive Search und unterstützt als Executive Profiler© Unternehmen bei der Besetzung ihrer C-Levels und Geschäftsführer im Bereich FMCG & Lebensmittelindustrie, der Getränkeindustrie sowie dem Foodservice. Davor bekleidete er verschiedene Top-Managementpositionen in namhaften Unternehmen der Lebensmittelindustrie.