Arbeitswelt im Wandel – und was passiert mit der Führung?

Führung im allgegenwärtigen Paradigmenwechsel. Gerade geht der Begriff VUCA auf und ab im Unternehmensdiskurs. Die Marktbedingungen haben sich für Unternehmen stark verändert. Besonders geprägt ist der Wandel von zwei entscheidenden Komponenten: Technologie und Fachkräftemangel. Diese Faktoren bewirken einen rasanten Umschwung des Arbeitslebens.
Der Fachkräftemangel sowie die Alterung der Bevölkerung durch den demografischen Wandel beschleunigen diesen Prozess, sodass Unternehmen ihre Strategien und Werte grundlegend überdenken müssen. In diesem Kontext steht die Rolle der Führung als Treiber dieses Wandels im Mittelpunkt.
Dieser Blogbeitrag erfasst die wichtigsten Begriffe des Wandels der Arbeitswelt und setzt diese in Beziehung zum Führungsbegriff. Durch was kommt ein so elementarer Wandel zustande? Und letztendlich: Was passiert mit der Führung?

Arbeitswelt im Wandel – und was passiert mit der Führung?

Die Welt wird VUCA

Der Begriff VUCA ist Akronym für die sich immerwährenden verändernden Rahmenbedingungen in der heutigen Welt. Er beschreibt folgende Schlüsselkomponenten:

V wie Volatility
Die derzeitigen Märkte sind volatil, also instabil, und können sich über Nacht disruptiv verändern. Durch die Technologisierung des Marktes werden Innovationen zum wesentlichen Treiber der Marktverhältnisse und sorgen dafür, dass Unternehmen schlagartig vom Marktführer zum Verlierer werden können.

U wie Uncertainty
Deswegen wird es immer schwieriger vorherzusehen, wie sich Märkte verändern werden. Es entsteht also eine grundlegende Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Entwicklungen.

C wie Complexity
Die Informationswucht und die damit einhergehende Komplexität unseres Marktes gestalten ihn zunehmend unüberschaubar. Probleme sind nicht mehr so einfach lösbar, denn sie sind meist Teil einer vielschichtigen, komplexen und zumeist nicht immer logischen Kausalkette. Das Treffen von Entscheidungen ist deswegen nicht lenkbar und muss einen sehr reaktionären Prozess folgen. Außerdem sind sie risikobehafteter, denn je.

A wie Ambiguity
Die Informationsexplosion und wie diese Informationen in Beziehung zueinander stehen sind nicht eindeutig bewertbar. Zunehmend stellen sich Unternehmen paradoxen oder mehrdeutigen Bedingungen, die nicht immer logischen Zusammenhängen folgen. Dies hat zur Folge, dass auch Wertesysteme eine Umwälzung erfahren.

Arbeit 4.0: Zukunft der Arbeit

Der Zeitraum der Pandemie hat der Arbeitswelt einen ordentlichen Ruck verpasst, wenn es um die Digitalisierung in Unternehmen geht. Arbeitnehmer bemerken die komplexen Marktbedingungen am eigenen Leib. Die Geschwindigkeit der Arbeit verändert sich – es muss wesentlich agiler gedacht, entschieden und gehandelt werden. Die Technologisierung führt dazu, dass das Skill-Set erweitert wird und die Arbeitsweise umgestaltet werden muss. Das Bedürfnis nach Flexibilität und Selbstbestimmung können Technologien gewährleisten. Der Ort der Arbeit, die Zeit der Arbeit und auch die Beziehung zu Arbeitskollegen und Vorgesetzten wird selbst geregelt.

Dennoch ist die Kehrseite der Medaille nicht zu verkennen: Arbeitnehmer erfahren durch die ruckhafte Umstellung und Isolation auch verstärkt eine andere Form von Belastung. Stress, Burnout und andere psychologische und auch physiologische Auswirkungen werden durch veränderte Arbeitsweise und -prozesse ausgelöst. Das benötigte technische Know-how kann besonders älteren Generationen zum Verhängnis werden. Hinzu kommt die Vermischung von Privatleben und Beruflichem, die für den Großteil der Arbeitskräfte eine unerwartete Herausforderung darstellt.

Allen voran ist bei dem Begriff Arbeit 4.0 eine passende technologische Ausstattung der Kernkomplex, um den es sich dreht. Welche Tools können das Arbeitserlebnis verbessern, Mitarbeiter entlasten und gleichzeitig die Kommunikation zwischen Management und Mitarbeitern fördern? Diese Formen der Wandlung wirken sich natürlich direkt auf das Skill-Set der Führungskräfte aus und verlangen nach einem neuen in Beziehung setzen von Führung und Mitarbeiter.

Kultureller Wandel in Unternehmen durch New Work

Im Zusammenhang mit den praktischen Änderungen in der Arbeitswelt durch die Digitalisierung steht auch die gesamte Arbeitsphilosophie. Der von Bergmann geprägte Begriff beschreibt die Ausrichtung der Arbeit am Arbeitnehmer und seinem Leben. Sein Konzept stellt eine nachhaltige Lösung des Arbeitens dar, in der der Arbeitnehmer nicht nur des Überlebenswillens arbeitet, sondern dabei unterstützt wird, sein Leben erfüllend und nach seinen Bedürfnissen ausgerichtet zu gestalten. Arbeit soll also nicht dazu dienen, den Arbeitnehmer auszubrennen und ihm qualitative Lebenszeit zu rauben, sondern ihn bei seiner Selbstbestimmung, seiner Leidenschaft und der persönlichen Sinngebung befeuern.

Durch welche New Workschen Faktoren wird das klassische Arbeitsmodell abgelöst?

  • Flexibilität: Die zeitliche und örtliche Unabhängigkeit der Arbeit sind die Grundpfeiler der flexibilisierten Arbeit. Sie bieten dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, Familie und Beruf zu vereinen als auch mehr Zeit für Hobbies und sinnstiftenden Tätigkeiten zu haben. Die Vermischung beider Lebensbereiche bietet wesentlich mehr Autonomie und Freiraum.
  • Organisation: Bei projektbasierte Organisationsformen arbeiten Arbeitskräfte nicht nur in einer Abteilung an einem Projekt. Vielmehr erstreckt sich die Arbeit abteilungsübergreifend auf mehrere Aufgabenfelder, je nach Projekt. Der Arbeitnehmer erhält damit die Möglichkeit, seine Aufgabenfelder zu erweitern und aus seinen routinierten Arbeitsprozessen auszubrechen. Für Unternehmen ist dieses Modell von Vorteil, da sie die Arbeitskraft da einsetzen können, wo sie gebraucht wird.
  • Sinnstiftung: Im Mittelpunkt des Wandels erhielt die Frage nach dem Purpose an zunehmender Bedeutung. Sowohl die Pandemie als auch die Bedrohung des Klimawandels brachten viele Menschen zum nachdenken und zur Besinnung – Great Resignation folgte und mit dem Phänomen die Anpassung der Unternehmenskultur an die Bedürfnisse des Arbeitnehmers.
  • Agilität: Die Unvorhersehbarkeit der Marktänderungen verlangt nach Prozessen, auf die schnell reagiert werden kann. Immer deutlicher wird die Notwendigkeit nach reaktiv und agil handelnden Organisationen. Diese agilen Arbeitsmethoden führen dazu, dass Prozesse beschleunigt werden und ein angemessener Raum für Innovationen entsteht.
  • Flache Hierarchien: Tradierte Strukturen innerhalb der Organisationen lösen sich auf, sodass agile Formen der Zusammenarbeit besser ermöglicht werden. Arbeitnehmer zeit- und ortsunabhängig zu führen, verlangt von Führungskräften ab, ihnen Freiraum und Vertrauen zu schenken — es geht darum Macht und Kontrolle abzugeben und dich in den Hintergrund zu stellen. Arbeitnehmer werden außerdem stärker in Entscheidungen miteinbezogen und wünschen sich mehr Transparenz.

New Leadership: Führung neu gedacht

Wie schon zu Beginn des Beitrages erwähnt sehen sich nicht nur Unternehmen Umstrukturierungen gegenübergestellt. Mit den beschriebenen Änderungen und deren EInfluss auf Organisationen ist die Führung Treiber der erfolgreichen Umgestaltung und Garant dafür, dass der Wandel Unternehmen zugutekommen und ebenso ihr Marktbestehen sichert. Es werden allerhand neue Führungsmodelle – Shared Leadership, Servant Leadership, Ambitextrous Leadership – entworfen, sodass Führungskräfte in diesen überschaubaren Zeiten sich optimal auf eintretende Verhältnisse einstellen können. Insbesondere rücken beim Wandel in die neue Arbeitswelt Soft Skills stärker in den Vordergrund. Da Aufgabenfelder und Berufsbilder sich ständig in Anbetracht der Technologisierung weiterentwickeln, zählen nunmehr Fachkompetenzen zu den weniger gefragten Erfolgskriterien. Deswegen drängt sich die Frage auf:

Welche Eigenschaften sollte die neue Führung mitbringen?

Kommunikationsfähigkeit
Im Arbeitsmodell der Zukunft spielt die Kommunikation innerhalb der Belegschaft eine Schlüsselrolle. Mit dem richtigen Tool-Set kann diese erheblich vereinfacht werden, und dennoch ist eher die Art und Weise der Kommunikation von viel größerer Bedeutung. Durch die örtliche Unabhängigkeit laufen Unternehmen Gefahr Informationen lückenhaft, fehlerhaft oder gar nicht zu übermitteln. Es kann dabei oft auch zu Missverständnissen kommen, wobei gleichzeitig das Konfliktpotenzial erhöht wird. Aus diesem Grund sollten Führungskräfte eine einheitlich gestaltete und wertschätzende Kommunikationskultur etablieren.

Empathie
Die Anfälligkeit gegenüber Krankheiten im Hinblick auf die neuen Arbeitsmodelle drängt Führungskräfte dazu, eine besonders feinfühlige und sensibilisierte Haltung einzunehmen. Mitarbeiter müssen durch stürmische und unvorhersehbare Zeiten mit viel Rückhalt geführt werden, denn gerade VUCA und andere Krisen scheinen viele ängstlich zu stimmen. Ein offenes Ohr für die Wünsche, Perspektiven und Sorgen der Belegschaft ist die Basis stabiler Beziehungen innerhalb der Organisation. Wollen Führungskräfte in diesen sich rapide ändernden Zeiten Mitarbeiter binden, müssen sie mit ihnen gemeinsam in dieselbe Richtung schauen. Vertrauen und emotionale Bindung können hier durch gemeinsam gefundene Werte gefestigt werden.

Agilität
Agiles Arbeiten beginnt mit agilem Denken – jegliche eingefahrenen und tradierten Strukturen sollten immer kritisch betrachtet werden. Während Anpassungsfähigkeit und Resilienz beim Führen durch VUCA essentiell sind, muss gleichzeitig ungehemmter Raum für innovative Gedanken und Kreativität geschaffen werden. Hier sollte die Führung begreifen, dass Agilität eine eigene Dynamik entwickelt und somit wenig oder nur adaptiv gesteuert werden muss. Die Führung wird hier lediglich die Weichen stellen und dem Geschehen erlauben sich situativ zu entfalten.

Kritikfähigkeit
Mit dem Konzept der neuen Führung müssen sich Manager ständig den Bedürfnissen ihrer Mitarbeiter anpassen, indem sie fortwährend ihr eigenes Verhalten reflektieren und nach konstruktiven Feedback suchen. Dazu gehört auch den Mitarbeitern deutlich zu machen, dass ihre Meinung gerne gehört und ihre Kritik akzeptiert wird. Sie sollten angstfrei Änderungswünsche äußern dürfen und im Bewusstsein darüber sein, dass all dies der Weiterentwicklung dient.

Vision
Können die Mitarbeiter die klar vermittelten Visionen des Unternehmens verstehen, wird es wesentlich leichter sein gemeinsam auf diese Ziele hinzuarbeiten. Die Vision ist nicht nur zielsetzende Komponente, sondern gleichzeitig Sinngeber, der Orientierung bietet. In diesen fragilen Zeiten erhält sie zukunftsweisende ​​Funktionen. Sie ist der Grund, warum Mitarbeiter letztendlich einen Antrieb haben, ihre Arbeit par excellence zu verrichten. Es ist Aufgabe der Führung, diese Vision authentisch und klar zu vermitteln.

Transparenz
Die Unverständlichkeit der Dinge führt dazu, dass Mitarbeiter zunehmend das Bedürfnis der Gewissheit an den Tag legen. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass ihre Ängste genommen und ihr Vertrauen aufgebaut werden sollte, indem sich Führungskräfte und Unternehmen so transparent wie nur möglich zeigen. Das “Warum” aller Entscheidungen und Prozesse muss offengelegt werden, damit allgemeine Klarheit darüber herrscht, wo genau sich Teams und Mitarbeiter mit ihrem Einsatz und Engagement befinden. Dies muss sich besonders auch in der Kommunikation abbilden. Transparenz wirkt besonders nachhaltig, wenn die Führungskräfte täglich in ihrem Handeln Vorbild geben und ihren Worten auch Taten folgen lassen.

DELTACON begleitet Unternehmen in diesen rasanten Zeiten mit der Vermittlung von Kandidaten, die als New Leader dem Anforderungskatalog der prägenden Trends, die derzeit den Arbeitsmarkt beherrschen, gerecht werden. Sie suchen neue Leader für die New Work? Kontaktieren Sie uns gerne und lassen Sie sich beraten!

#leadership #newwork #zukunftderarbeit #vuca

Von Dirk Aaron Bohl

Personalberater für Lebensmittelindustrie, Getränkeindustrie, FMCG, Lebensmitteleinzelhandel und Foodservice

Dirk Aaron Bohl ist Managing Partner der DELTACON Münster Executive Search und unterstützt als Executive Profiler© Unternehmen bei der Besetzung ihrer C-Levels und Geschäftsführer im Bereich FMCG & Lebensmittelindustrie, der Getränkeindustrie sowie dem Foodservice. Davor bekleidete er verschiedene Top-Managementpositionen in namhaften Unternehmen der Lebensmittelindustrie.