Workation: Aus den Augen, aus dem Sinn?

Es ist Bewegung im Thema Flexibilität. Was vor drei Jahren noch ungewöhnlich war, ist heute bereits zur Normalität geworden. War zunächst Arbeitszeitflexibilität im Fokus, so gewinnt auch die örtliche Freiheit für Arbeitnehmende zunehmend an Bedeutung. Was das für Führung, Mitarbeitermotivation und Performance bedeutet und ob die Workation-Kombination aus Arbeit und Urlaub in der Praxis für Unternehmen und Arbeitnehmende auch wirklich Sinn macht? Eine Einschätzung von Executive-Search-Experte Marcus Christopher Schulz.

Workation: Aus den Augen, aus dem Sinn?

Ein nachmittäglicher Ausflug auf den Spielplatz, am Abend geht es wieder an die Arbeit. Vormittags Meetings per Videokonferenz, nachmittags ruft der Strand. Oder produktiv-ungestörtes Arbeiten im romantischen Häuschen auf dem Land statt Hektik im heißen Großstadtbüro: Nachdem flexible Arbeitszeitmodelle schon seit längerem etabliert sind, haben COVID-19 und die zunehmende Beliebtheit von Home-Office-Ansätzen auch die Bedeutung der örtlichen Flexibilität im Arbeitsalltag forciert. Ob man seiner Tätigkeit im Büro, von zu Hause oder im Ferienapartment mit Traumaussicht nachgeht: Spielt das heutzutage wirklich noch eine Rolle? Nicht nur die Bali-based digitalen Nomaden zeigen, dass erstklassige Performance nicht zwangsläufig ortsgebunden sein muss.

Arbeit? Urlaub? Arbeitsurlaub?

Auf Distanz zu führen benötigt gegenseitiges Vertrauen. Besonders auch in der Workation. Traut man sich das wirklich (zu)? Das kommt immer ganz auf das Team, die Art der Tätigkeit und die Führungskraft an, ist Marcus Christopher Schulz überzeugt: „Arbeitet man kollegial, respektvoll und vertrauensvoll miteinander, endet diese gesunde Beziehung nicht an den Grenzen des Büros oder der Wohnungswand. Benötigt die jeweilige Position auch keinen ständigen persönlichen Kontakt oder Austausch in Echtzeit, dann könnte diese Konstellation prädestiniert sein für Workation“. Mitarbeitende, denen das Zwischenmenschliche besonders wichtig ist, sollten immer die Freiheit haben, ganz nach ihren persönlichen Präferenzen die konventionelle Arbeitsweise ohne Workation zu wählen. Eine dauerhafte „Fernbeziehung“ über Jahre ist ohnehin auch in der Workation nicht zu empfehlen. Persönliche Treffen sollten daher regelmäßig anberaumt und Mitarbeitenden stets eine gemeinsame Home-Base mit Wohlfühlfaktor geboten werden.

Fern und doch so nah

Was feststeht, ist, dass im Rahmen von Workation und externen Arbeitsplätzen Ziele und Performance nicht aus den Augen gelassen werden dürfen. „Schlussendlich zählt das Ergebnis und der Output. Bei aller Freiheit darf die Leistung nicht leiden. Wir sehen aber, dass Arbeitnehmende im Gegenzug zur örtlichen Freiheit beispielsweise auch bereit sind, noch flexibler in ihrer Erreichbarkeit zu sein“, so Marcus Christopher Schulz. Klare Regeln für die Erreichbarkeit und Meeting-Zeiten zu vereinbaren – und natürlich auch einzuhalten – ist daher Grundvoraussetzung für funktionierende Workation-Ansätze. Auch wenn die Arbeit geografisch weit weg ist, kann diese Freiheit und die damit verbundene Wertschätzung sogar zu einer noch engeren Bindung zum und stärkeren Verbindung mit dem Unternehmen führen. Außerdem besteht die Chance, Mitarbeitenden dank der flexiblen Workation-Kombination aus Arbeits- und Freizeit wieder vermehrt die Sinnhaftigkeit in einer Vollzeittätigkeit im Vergleich mit Teilzeitmodellen zurückzugeben.

Flexibel in jeder Hinsicht

Es gilt jedenfalls, diese Möglichkeit der Arbeitsortflexibilisierung direkt anzusprechen und offen zu diskutieren. „Workation kann eine tolle Möglichkeit sein, die Mitarbeitermotivation zu pushen und das Arbeitsumfeld zu bereichern. Sie ist aber kein Muss und sollte unter Berücksichtigung der Bedürfnisse, Präferenzen und Wünsche aller Seiten betrachtet werden“, betont Marcus Christopher Schulz. Örtliche Flexibilität kann ein Unternehmen nicht nur zu einem noch attraktiveren Arbeitgeber machen, sie kann zudem ein beachtlicher Motivationsfaktor für bestehende Mitarbeitende sein und die Lebensqualität der Person deutlich erhöhen. Bedenkt man, dass Mitarbeitendenzufriedenheit einer der wichtigsten Voraussetzungen für ein funktionierendes Business ist, so könnte Workation das Potenzial haben, ein Schlüssel zum Wohlbefinden der Mitarbeitenden und gleichzeitig zum Erfolg des Unternehmens zu sein.

Von Marcus Christopher Schulz

Personalberater für Einrichtung, Beleuchtung & Consumer Electronics

Marcus Christopher Schulz ist Managing Partner der DELTACON Executive Search. Er verantwortet die Branchen Einrichtung, Beleuchtung und Consumer Electronics und leitet unser Büro in Wien. Neben seiner zertifizierten Beratertätigkeit (CMC) verfügt er über 12 Jahre operative Geschäftsführungs- und Generalmanagementerfahrung innerhalb der Möbel- und Consumer Electronics Branche.